Dagegen! Die Vergütungsthematik nach ARUG II wird die nächste Hauptversammlungssaison nachhaltig bestimmen

Dagegen! Die Vergütungsthematik nach ARUG II wird die nächste Hauptversammlungssaison nachhaltig bestimmen

Aber gerade bei letztgenanntem Punkt scheint vielen Emittenten die Tragweite dieses Gesetztes noch nicht ganz klar zu sein. Der Tatsache, dass zukünftig über das Vergütungssystem alle vier Jahre und über den Vergütungsbericht jährlich abgestimmt werden soll, stehen diese arglos gegenüber. Der Warnschuss, den die meisten Investoren in Richtung Unternehmen feuerten, indem sie die Vergütungssysteme bei der Münchener Rück, ProSiebenSat.1 und Merck 2017 ablehnten wurde vielleicht zur Kenntnis genommen - mehr aber auch nicht.

Eine betriebliche Übung, wie wir sie schon seit vielen Jahren in den weitaus meisten europäischen Ländern sehen, existiert in Deutschland nicht. Nur vereinzelt sahen wir in den Jahren nach der Einführung des „Gesetz zur Angemessenheit der Vorstandsvergütung“ (VorstAG) 2009 die Vergütung auf der Tagesordnung. Zu sehr schienen deutsche Vorstände und Aufsichtsräte eine Auseinandersetzung mit der Thematik zu scheuen und veröffentlichten in den Vergütungsberichten meist nur das notwendigste, ohne proaktiv die Diskussion mit den Investoren zu suchen.

Diese Herangehensweise wird sich zukünftig nicht mehr auszahlen. In- und ausländische Investoren haben angekündigt den gleichen Maßstab an den Vergütungsbericht und das -system anzulegen, wie in allen anderen entwickelten Märkten. Eine Übergangsphase, wie es in Schwellenländern üblich ist, wird es in Deutschland nicht geben. Im Gegenteil, die Investoren und deren Stimmrechtsberater werden sich die Vergütungsberichte und -systeme 2020 en Detail anschauen - insbesondere, weil diese die Richtung für die nächsten Jahre vorgeben werden. Hierbei sollten sich Gesellschaften auch darüber bewusst sein, dass eine Ablehnung des Berichts auch Auswirkungen auf die Abstimmung über das Vergütungssystem hat und umgekehrt.

Wenn die Hausaufgaben nicht gemacht werden, wird man wahrscheinlich nachsitzen

Um die Tagesordnungspunkte erfolgreich durch die Hauptversammlung zu bringen gilt es in erster Linie sich über die Richtlinien der Investoren und Stimmrechtsberater bewusst zu sein, sich der Eckpunkte gewahr zu werden und seine Hausaufgaben zu machen. Ein erster Ansatzpunkt sind in jedem Fall die „Leitlinien für eine nachhaltige Vorstandsvergütung“, sowie die Abstimmungsrichtlinien der wichtigsten Stimmrechtsberater Institutional Shareholder Services (ISS) und IVOXGlassLewis, welche sich an den Analyse-Leitlinien des deutschen Fondsverbands BVI orientieren. Auch wenn institutionelle Investoren die Analysen der Berater nur als Indikation nehmen und ihre Entscheidung letztendlich selbst treffen, so senden deren Empfehlungen ein starkes Signal und geben oftmals die Richtung vor.

Weiter empfiehlt es sich die Analysen der Berater aus den Vorjahren anzusehen. Hieraus kann sich bereits ein erster Hinweis ergeben wie kritisch die Vergütung gesehen wird - selbst wenn dieser Punkt bisher nicht auf der Tagesordnung stand.

Im Übrigen gilt es an dieser Stelle mit einem Missverständnis aufzuräumen: Gesellschaften, welche die Vergütung im Vorjahr auf der Tagesordnung hatten und eine große Zustimmung erfuhren, dürfen im darauffolgenden Jahr - auch ohne Änderungen am System oder Bericht - nicht mit der gleichen Zustimmung rechnen. Dies wäre ein großer Fehler. Die Berater weisen in ihren Berichten bereits auf Defizite hin und mahnen Korrekturen an. Erfolgt dann im Folgejahr keine Verbesserung, so steigt die Gefahr einer Ablehnung exponentiell.

Transparenz, Struktur und Verständlichkeit bilden die Basis eines jeden Vergütungsberichts. Die elementaren Bestandteile müssen in jedem Fall enthalten und verständlich dargestellt sein.

Die größten Transparenzdefizite wird man sicherlich in den folgenden Bereichen sehen:

- Verhältnis der Vorstandsvergütung zur Vergütung des oberen Führungskreises und der Belegschaft

- Beitragsorientierte Zusagen zur betrieblichen Altersvorsorge, welche ausschließlich an die Fixvergütung geknüpft sein sollten

- Beitragsmäßige Begrenzung der Gesamtvergütung des Vorstands

- Eigeninvestment von mindestens einer Brutto-Jahresvergütung

- Vertragliche Regelungen über eine Auszahlungskürzung (Malus) und Vergütungsrückforderung (Clawback)

- Insiderrechtssichere Kaufprozesse bei Eigeninvestments

- Begrenzung der Abfindungszahlungen auf maximal zwei Jahresvergütungen, bzw. Restlaufzeit des Vertrages

- Nachvollziehbarkeit und Verständlichkeit der Performancekriterien

Eine verständliche Erläuterung aller Vergütungsbestandteile und Regelungen ist unverzichtbar. Grafiken und Tabellen helfen in diesem Zusammenhang bei der Visualisierung. Schließlich sehnen sich auch Analysten nach vereinfachenden Darstellungen.

Abschließend ist zu erwähnen, dass Gesellschaften sich auch nicht auf den oder die Ankerinvestoren verlassen sollten. Dieser wird sicherlich nicht erfreut sein, seinen Vorstand und Aufsichtsrat gegen die Kritik der Investoren hochzuhalten. Negative Schlagzeilen, aufgrund einer Vergütungsdiskussion, möchte auch der Großaktionär nicht sehen - zumal dies auch negative Auswirkungen auf die Motivation der Mitarbeiter haben kann.

Bitte nicht den Kopf in den Sand stecken

Die deutschen Emittenten sollten eigentlich keine allzu große Furcht vor der Vergütungsdebatte haben, zumal die Höhe der hierzulande gezahlten Kompensation im internationalen Vergleich doch relativ moderat ist. In der Schweiz, Großbritannien und den USA liegen die Durchschnittswerte weit höher.

Auch beim Thema Aufsichtsratsvergütung haben viele Emittenten in die richtige Fahrspur gefunden. Leider fehlt es hier aber häufig an einer verständlichen Darstellung.

Wie sieht die Erfolgswahrscheinlichkeit eines Vergütungsantrags 2020 aus?

Als Emittent sollte man die Abstimmung nicht dem Zufall überlassen. 2017 fielen drei von acht Vergütungsanträgen durch. Dies entspricht einer Durchfallquote von 37,5%. Nach derzeitigem Kenntnisstand ist davon auszugehen, dass dieser Wert 2020 übertroffen werden könnte.

Es bleibt zu hoffen, dass die Emittenten das Thema Vergütung nicht weiter unterschätzen und sich alsbald hiermit auseinandersetzen.

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