Aufsichtsräte im Dialog virtuell - „Finanzielle Feuerkraft als Wettbewerbsfaktor“

Aufsichtsräte im Dialog virtuell - „Finanzielle Feuerkraft als Wettbewerbsfaktor“

Die 22. ArMiD-Dialogveranstaltung, wurde am 16.11. aus Gründen des Gesundheitsschutzes nun schon zum zweiten Mal virtuell durchgeführt. Die Themen- und Expertenauswahl stieß auch diesmal wieder auf ein starkes Interesse der Mitglieder und Teilnehmer. Die Frage nach der Financial Firepower als Wettbewerbsfaktor in Zeiten der Pandemie, stand diesmal im Zentrum des Dialogs. Die Belastungen durch COVID-19 fallen je nach Branche, Geschäftsmodell und Größe allerdings unterschiedlich stark aus. Zu Beginn der Pandemie standen vor allem Maßnahmen zur Liquiditätssicherung und zur Aufrechterhaltung der Geschäftstätigkeit sowie die gesundheitliche Absicherung der Mitarbeiter oder die Stabilisierung von Lieferbeziehungen im Vordergrund. Inzwischen rücken zunehmend Fragen zur künftigen Ausrichtung von Geschäftsmodellen in den Vordergrund. Hier kann eine ausreichende Finanzkraft ein entscheidender Wettbewerbsvorteil sein. 

ArMiD hat das Format der virtuellen Veranstaltung dem der Dialogveranstaltungsreihe „Aufsichtsräte im Dialog“ (AriD) nachempfunden: Fach-Experten diskutierten gemeinsam mit den ArMiD-Mitgliedern sowohl in kleinen Gruppen (Break-Out-Rooms), als auch im Plenum. So gestaltete sich die Veranstaltung sehr abwechslungsreich, in der die Mitglieder und Experten sich permanent zwischen Plenum, Vortrag, Zusammenfassung und Break-Out-Room-Session hin und her bewegten. Diese agile Form der virtuellen Dialogveranstaltung schien allen Beteiligten viel Freude zu bereiten, was auch ein Blick auf die die Veranstaltung bewertende Mentimeter-Umfrage zeigt. Ein großer Dank gebührt daher auch der sehr guten technischen Unterstützung durch das Fördermitglied Brainloop, dessen Vertreter Philipp Mühlenkord charmant für einen reibungslosen Ablauf sorgte. 

Die Expertenrunde
Die Expertenrunde war mit Vertretern aus unterschiedlichen Finanzierungsbereichen breit aufgestellt (Banken, Finanzberatung, CFO, Startup-Finanzierung, sowie mehreren Aufsichtsratsexperten mit Finanzexpertise). Mit Frank Jehle, u.a. CFO der Benteler International AG, André Knöll, u.a. Geschäftsführender Gesellschafter Knöll Finanzierungsberatung für Familienunternehmen GmbH, Reinhard Mayer, stellv. Vorsitzender des Vorstands und CFO der Hansgrohe SE,  Dr. Knut Michelberger, u.a. Mitglied des Aufsichtsrats der NORMA Group SE, Stefan Ortolf sowie Dr. Stefan Reineck, u.a. stellv. Vorsitzender des Aufsichtsrats der Wittenstein SE, war das virtuelle Panel sehr gut besetzt und wurde von Volker Potthoff, Gründungsmitglied von ArMiD, kurzweilig moderiert.

Der Initialvortrag
Stefan Ortolfs Initialvortrag gab einen Marktüberblick über Finanzierungen aus Bankensicht in der Covid-Krise. Er teilte sie in drei Phasen ein: Zunächst eine von März bis April reichende Verspannungsphase, die von hohem Kapitalbedarf der Unternehmen geprägt war und bei der das Funding sehr schwer gewesen sei. Gefolgt von einer Erholungsphase im Sommer, die ab Mitte Mai den Markt wieder begehbar gemacht habe. Im Herbst folgte dann eine Konsolidierungsphase, in der die Kapitalmärkte wieder verstärkt aufnahmefähig waren. Hier spielte die EZB mit ihrer Zins- und Liquiditätsspende-Politik eine federführende Rolle. 

Financial Firepower in der Krise
Volker Potthoff stellte die Frage an die anwesenden CFOs, wie es um die Financial Firepower in der Krise bestellt gewesen sei? Bei Hansgrohe sei sie dank hoher Cash-Flows immer vorhanden gewesen, so Mayer. Trotzdem wurden Dividendenausschüttungen halbiert und eine langfristige Verlängerungen von Kreditlinien angestoßen. Das Unternehmen tätigte vor kurzem sogar erstmalig seit langen Jahren wieder eine Finanztransaktion. Durch eine starke Bilanz und Dividendenkürzungen sowie das unterstützende Verhalten der Aktionäre, wurde diese strategisch lange vorbereitete Transaktion erst möglich gemacht, so Mayer. 
Frank Jehle zeigt anhand einer Schuldscheinemission auf, dass in der Krisensituation derartige kurzfristige Großfinanzierungen kaum möglich sind, insbesondere auch wegen des Abstimmungsbedarfs mit einer größeren Anzahl von Investoren. 
Einen weitgehenden Verzicht auf Covenants in der Krise stellte André Knöll fest. Wichtig sei es für die Unternehmen gewesen, dass sie sich frühzeitig gekümmert hätten, um Liquiditätsengpässe zu vermeiden, was in den meisten Fällen zu guten Lösungen in der Unternehmensfinanzierung geführt habe. 

Was tun AR und BR im Geflecht von Eigentümern, Aktionären und der operativen Ebene? Wie positionierten sich die Gremien in der Krise?
In gelisteten Unternehmen ist man nicht so dicht am operativen Geschäft, führte Michelberger aus, dennoch habe man sich in der Krise permanent mit Strategiefragen beschäftigt. Hier sei die Liquidität sowie das Thema Verschuldung ein sehr wichtiger Bestandteil der Diskussion gewesen. Auch nach der Krise sei ja nicht alles plötzlich wieder gut, sondern es sei besonders wichtig, dass man noch genügend Reserven habe.
Reineck führte schließlich mit Blick auf Familienunternehmen, die ja traditionell häufig eher konservativ handelten, aus, dass diese zunächst Ausschüttungen eher zurückgestellt hätten, damit in oder nach der Krise ausreichend Liquidität zur Verfügung stehe. AR und BR müssten ihr Augenmerk darauf legen, dass immer genügend Kapitalausstattung vorhanden sei, so Reineck. Sinnvoll wäre auch ein internes Rating auf das der AR drängen sollte, damit man nicht in Schieflage komme und nicht schnell zum Übernahmeziel werde. Eine nachhaltige Veränderung der Wettbewerbssituation sei hier eine große Gefahr für die gesamte Volkswirtschaft. Die widerkehrende Analyse der Finanzkraft sollte für den AR und BR ein alltäglicher Vorgang sein. Auch die Akquisitionsfähigkeit zum aktiven Handeln wird durch die Liquiditätsvorhaltung gesteuert und sollte somit auch immer vorhanden sein. 

Und wie verhielt es sich bei jungen Unternehmen? 
Der Reifegrad eines jungen Unternehmens sei für Banken sehr wichtig, so Ortolf, sonst würden sie immer eher die Eigenkapitalexperten an den Tisch holen. Die deutsche Szene hänge, was die Investitionsbereitschaft und -höhe angeht, internationalen Unternehmen weit hinterher - man spreche auch von der „German Angst“, so Reineck. Das sei für junge Unternehmen in einer frühen Phase, in der Kapital existenziell sei, sehr problematisch. Die Investitionsbereitschaft sein unterm Strich in der Krise jedenfalls stark zurückgegangen, was sich negativ auf die Innovationskraft ausgewirkt habe. 

Vertiefender Dialog in den Break-Out-Rooms
Zum Ende der Dialogveranstaltung wurden die Zusammenfassungen der Diskussionen aus den Break-Out-Rooms vorgestellt und dienten als Anregung für die Schlussdiskussion.
Die Schlussfrage zielte noch einmal auf den Kern der Veranstaltung: „Firepower zu welchem Preis und zu welchem Zweck?“

Drei Take-Aways seien hier kurz vorgestellt:
1.    Stelle dich auf Schwarze Schwäne ein, denn die kommen überraschend und können furchtbar sein.
2.    Entscheidend sei stets die Unabhängigkeit des Unternehmens
3.    Egal wie die Firepower ist, wenn die Mannschaft nicht gut ist, keine Innovationen vor Augen stehen und wenn keine guten Entscheidungen getroffen werden, dann sei auch die beste Firepower nutzlos.

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